Ein kurzer Gruß zur Osterzeit aus Kuppayanallur an alle fleißigen Leser:)
Lenten Season
Die Fastenzeit und vor allem die Karwoche haben mir mal wieder vor Augen geführt, wie intensiv der Glauben an diesem Ort gelebt wird. In der Fastenzeit ist es üblich, an Freitagen das Frühstück ausfallen zu lassen und nur leichte, einfache Speisen an diesem Tag zu essen. Jeden Freitag ist „Way of the cross“, also Kreuzweg, bei dem die 14 Stationen von Jesu Leidensweg verlesen werden, zusammen mit Interpretation und Gebeten.
Palmsunday
Am Palmsonntag durfte ich mit Sister Gaspar nach Ongur, wo im Good Samaritan Hostel zunächst die Weihung der Palmzweige war, bevor wir dann in einer Prozession zur Kirche gelaufen sind. Da es in Indien sehr viele Kokosnuss-Bäume und Palmen gibt, hatten wir tatsächlich RICHTIGE Palmzweige in der Hand, manche auch ganze Bündel, die sie von ihren eigenen Bäumen mitgebracht hatten. Der Gesang der Prozession wurde von Lautsprechern übertragen, die an einem Motorrad befestigt und an die zwei Mikrofone angeschlossen waren. Das ist so typisch Indien, dass ich schmunzeln musste. Insgesamt war der Ausblick auf so viele bunt gekleidete Menschen mit ihren Palmzweigen in der Luft sehr besonders und wunderschön. Da es für alle Dörfer an Festtagen nur einen großen Gottesdienst gemeinsam in der Parish Church Ongur gibt, waren sehr viele Leute da und auch vier Priester. So wurde die Passion nur von Priestern gelesen und am Ende gab es noch eine halbe Stunde Ansagen, wie und wo und wann im weiteren Verlauf der Woche die Gottesdienste ablaufen werden.
Frauen gehen voraus! Ich lief direkt neben Motorrad und dem Sänger
Maundy Thursday
Am Gründonnerstag wollten Manimala Miss und ich zur 18 Uhr-Messe, aber wir mussten noch auf die Kitchen-Amma (alle Köchinnen werden hier Amma, also Mutter, genannt) warten und dann musste Manimala unbedingt noch telefonieren, also sind wir erst um 6 Uhr losgelaufen nach Ongur. Der Weg dauert immer ca. eine halbe Stunde und ich war schon echt angespannt, weil ich zumindest beim Gottesdienst eigentlich gerne pünktlich wäre. Aber Manimala hat mich beruhigt, „Samira, it is Indian mass, don‘t worry it will start only at 7pm“… und natürlich hatte sie recht, wir waren um 6.30pm dort und haben noch eine halbe Stunde gewartet, bis genügend Leute da waren. Am Gründonnerstag waren auch gleichzeitig Wahlen in Indien, deshalb mussten wir noch auf Father Samy warten, der erst aus Madurai zurückkommen musste. Als dann alle da waren konnte es pünktlich um 7pm beginnen.
Für mich eine große Besonderheit: die Fußwaschung aus dem Evangelium wurde hier tatsächlich praktiziert in der Messe. Aus jedem Dorf durften drei ausgewählte Gemeindemitglieder auf einer Bank vorne Platz nehmen und die drei anwesenden Jesuiten haben sich ein Handtuch umgewickelt und los ging es. Die Füße wurden mit Wasser gewaschen und die Jesuiten haben anschließend auch noch jeden Fuß geküsst. In Indien gelten Füße als etwas sehr Schmutziges und die Füße von anderen Leuten zu berühren ist die größte Geste der Unterwerfung, die ich hier erfahren habe. Es war beeindruckend zu sehen, wie die Priester sich vor den Leuten hinknien und diese Fußwaschung mit einer solchen Hingabe begehen. Anschließend wurden Geschenke an die Auserwählten verteilt und sie wurden gesegnet. Danach sind alle Jesuiten durch die Reihe gegangen und haben sich selbst den Segen der Leute abgeholt. Die Frauen und Männer haben den Jesuiten die Hände aufgelegt und die Stirn geküsst, das habe ich so auch noch nie gesehen. Der Moment war so innig, besonders und magisch, es hat mich wirklich sehr berührt. Danach ging die Messe normal weiter und am Schluss wurden die geweihten Hostien wie bei uns in einer Prozession zum reich geschmückten Tabernakel in der kleinen Kirche gebracht. Die Gottesdienste der Karwoche finden aufgrund hoher Besucherzahl natürlich draußen statt.

Good Friday
Am Karfreitag ging der Kreuzweg diesmal pünktlich um drei Uhr los und viele waren zu meiner Überraschung in weiß gekleidet, während man in Deutschland an diesem Tag ja eher ausschließlich schwarze Kleidung sieht. Die 12. Station wurde bei drei Kreuzen verlesen, die in einer Ecke des Platzes aufgestellt worden waren.

Ansonsten wurde bei jeder Station ein Bild hochgehalten mit dem jeweiligen Ereignis. Ein großes Holzkreuz sowie zwei Kerzen und ein kleines Kreuz wurden auf dem Weg von Gemeindemitgliedern mitgenommen. Im Anschluss war die Messe und ich habe vor allem die Musik sehr genießen können, weil die Sängerinnen und Sänger wirklich talentiert waren. Die Passion wurde diesmal von Gemeindemitgliedern und Father Arul, dem Parish Priest, verlesen. Alle waren verkleidet, so hatte Pilatus beispielsweise eine rosane Papierkrone und einen grünen Mantel, Petrus ein rotes Gewand mit weißer Schärpe und Father Arul hat als Jesus einen purpurnen Mantel und eine Dornenkrone angelegt bekommen. Bei der Kreuzverehrung wurden drei Kreuze an verschiedenen Seiten um den Altar von jeweils einem Priester hochgehalten, denn es waren so viele Leute da, dass es mit einem einzigen Kreuz bestimmt zwei Stunden gedauert hätte. Jeder hat die Füße von Jesus geküsst oder sie mit den Fingerspitzen berührt und diese zum Mund geführt, deshalb wurde das Kreuz nach jeder Person mit einem Tuch abgewischt. Und es ist üblich, ein bisschen Geld in einer Schale neben dem Kreuz zu lassen, wenn man es verehrt hat.
Easter
Die Osternacht war genauso aufgebaut wie bei uns, erst wurde am Feuer die Osterkerze entzündet und das Licht an alle weitergegeben, die eine Kerze hatten, dann hat unser Schulleiter das Exsultet gesungen und es gab viele Lesungen.

Vor dem Evangelium wurde plötzlich dramatische, laute Musik gespielt und alle haben ihre Köpfe nach links gewandt, wo ein weißer Vorhang beiseite geschoben wurde und eine kleine Bühne mit Bäumchen und Blumen zum Vorschein kam. Eine Nebelmaschine wurde angeschaltet und aus einem Loch im Boden der Bühne kam eine Jesusstatue empor, deren Ankunft von einem kleinen Feuerwerk begleitet wurde. Danach ging der Gottesdienst weiter mit allem drum und dran. Heiligenanbetung, Wasserweihe, Tauferneuerung, das ganze hat von 11 Uhr bis um 3 Uhr morgens gedauert, weil auch noch Danksagungen und Verabschiedungen von einigen Jesuiten am Ende kamen. Dann wurden gekochte Eier und Kuchen an alle Leute verteilt und fröhliche, aber müde „Happy Easter“ Rufe schallten über den Platz.

In diesem Sinne wünsche ich allen ein gesegnetes Osterfest, genießt eure Ferien sofern ihr welche habt:)
Wie geht es weiter?
Ab dem 29.04. werde ich mit einer Volunteer-Freundin per Zug und Bus Indien erkunden. Der Mai ist der heißeste Monat, deshalb sind Ferien und alle schauen, dass sie in Bergregionen „flüchten“, so auch wir… Darjeeling, Varanasi, Agra, Bangalore und Kodaikanal sind unsere Ziele, auch wenn wir das Ende der Reise noch nicht ganz fertig geplant haben. Es bleibt also spannend bei uns, wir sind schon ganz aufgeregt!
Im Juni werde ich für einen Monat wieder nach Kuppayanallur zurückkehren, ich vermisse es jetzt schon und will meine Freunde, die Mädels und auch die Fathers wiedersehen, auf der Dachterrasse mit den Sternen einschlafen, lernen wie man Idlies macht, und so vieles mehr. Reisen ist spannend und wir sind privilegiert, so viele Orte besuchen zu dürfen, aber es ist auch gut zu wissen, dass man zu Hause wieder herzlich aufgenommen wird!
Apropos Dachterrasse… Von der Aussicht und frischer Luft bekomme ich nie genug Die Wolken sind vor allem abends spektakulär! Sonnenuntergang:)
Hallo Samira!
Das Osterfest war ja eine große und schöne Erfahrung für dich. Das mit der Fusswaschung am Gründonnerstag ist beeindruckend. Du weißt ja, wir machen das nie. Hat aber auch einen Sinn. Auf deinen Bildern sind immer sehr viele Frauen zu sehen. Was ist mit den Männern? So wie bei uns, auch etwas weniger? Die heiße Zeit im Norden zu verbringen tut dir sicher gut. Die Sehnsucht nach deinen Leuten in Kuppayanallur schreibst du, ist schon jetzt sehr groß. Wie wird das erst werden , wenn du wieder in Deutschland bist? Wir haben dich am Karfreitag sehr vermisst, denn wir hatten diesmal niemanden, der die Kerzen bei der Kreuzverehrung getragen hat.
Übrigends unsere Gemeinde hat den Osterkerzenverkauf für deine Arbeit und armen Kindern an die Jesuitenmission überwiesen. Es sind 600 Euro zusammen gekommen.
Ich freu mich auch,wenn du wieder hier bist und uns persönlich von deiner Arbeit erzählen kannst.
Sei ganz lieb gegrüßt. Irmgard